von Miloslav Bartoš
Unsere Reihe über die Landkarten haben
wir mit dem Aufsatz von Theodor Lokvenc von der Landkarte der Harrach´schen
Starkenbacher und Brannaer Herrschaft des Landmessers Jan Josef Mann aus dem
Jahre 1744 (in der Krkonoše Nr. 2/2001) eröffnet. Auf den Wunsch des Grafen
Friedrich August Servác Harrach (1696 1749) hat J. J. Mann nicht
nur eine ausführliche Karte der Bergteilen des Dominiums, sondern auch einen
Plan der Gemeinde Hennersdorf, welche auf seiner südöstlichen Grenze liegt,
ausgefertigt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er auch andere harrach´sche
Dörfer ausgemessen hat. In den Beständen des Staatlichen Gebietsarchiv in Zámrsk
befindet sich aber nur ein einziger und das harrach´sche Archiv in Wien ist
für uns bisher noch zu weit und schwerlich erreichbar.
Der Plan von J. J. Mann des Dorfes Hennersdorf ist im Vergleich mit ähnlichen
Arbeiten ein einmaliges Werk. Er stellt nämlich ausdrücklich und sehr genau
einen Grundriss des Waldhufendorfes, einer Siedlungsform, welche in der Zeit
der großen Kolonisation zur Geltung kam und welche sich noch heute in der Landschaft
des Vorgebirges als ein ausdruckvolles Element bemerkbar macht. Die neuen Dörfer,
welche im 13. Jahrhundert in den Waldgebieten entstanden, wurden nach dem festen
Plan gegründet. Der Grund dazu war, dass jeder Landwirt in seinen Erbbesitz
ein Grundstück von der Fläche eines Hufes oder ein von diesem bekäme. Die Achse
des Dorfes in unseren Terrainverhältnissen war meistens der Bach, von welchem
der, von dem Landesherr oder von einem anderen Grundbesitzer beauftragte Lokator
(meist auch der Richter), die sogenannten Flurstreifen, welche sich bis zu der
Grenze des Dorfes zogen, abgemessen hat. Weil die Entwaldung und nachfolgende
Fruchtbarmachung mit Hilfe der Menschenhand des bis jetzt unberührten Bodens
jahrelange Mühe forderte, brauchten die Ansiedler für eine bestimmte Zeit dem
Grundherrn keine Zinse zahlen, sowie auch keine Fronarbeit leisten. In der Gestaltung
der Waldhufendörfer hat sich, im Vergleich mit der alten Weidegemeinschaft,
wo alle Dörfler die wechselnde Wintersaat, Sommersaat und Brache gemeinsam bewirtschafteten,
eine umstürzende Wandlung getan: jeder Wirt wirtschaftete auf seinem Grundstück
selbstständig. Unabhängig von den anderen Nachbarn konnte er mit Arbeitsamkeit
und Bemühung der ganzen Familie den Ertrag seiner Wirtschaft beeinflussen.
Den Grundriss des Waldhufendorfes hat J. J. Mann in einem Plan mit der Größe
1700 x 1250 mm in kolorierter Zeichnung auf dem mit dem Leinwand unterklebten
Papier abgebildet. Die Benennung "Mappa über das zu der Hoch Reichs Gräfflichen
Harrachischen Majorat Herschafft Branna im Königreich Böheimb gehörige Dorff
Hennersdorff" hat er mit einer langgezogenen Kartusche umgerahmt. Diese
verziert der harrach´sche Wappen, die sog. Muschel ein typisches Barockornament
und der Orden des Goldenen Vlieses, dessen der Reichsgraf Friedrich Träger war.
Gleich wie bei der Karte des Berggebietes der Herrschaft Branna und Starkenbach
hat er als Maßstabeinheit den böhmischen Landseil genommen hier hat l
Seil 15 Prager Ellen, was in Umrechnung den Maßstab 1 : 7 700 m gibt. Die Achse
des Dorfes bildet der Bach Sovinka. Von seiner Mündung in die Elbe, wo die Nachbargemeinde
Pelsdorf anfängt, zieht sich Hennersdorf in der Länge ungefähr 2,5 km zu den
Grenzen des Dorfes Horní Branná. Durch das Dorf geht eine Landesstrasse,
welche von Neupaka nach Hohenelbe führt. In der Nähe der Dorfmitte geht sie
an der Kirche mit dem Friedhof, der mit einer Mauer umgeben ist, der Schule
und an der großen Einkehrgaststätte (die der Herrschaft gehört) vorbei. In seiner
Nähe ist statt des Dorfplatzes ein großer herrschaftlicher Teich, welcher Fläche
J. J. Mann im unseren Umrechnung auf ein und halb Hektar vermessen hat. Unweit
von dem Bach liegt das sog. bebauter Teil des Dorfes und von ihm ziehen sich
auf beiden Seiten von den einzelnen Bauerngehöften ihre Flurstreifen zu den
Grenzen der Nachbargemeinden, zu Hohenelbe im Norden und zu Huttendorf im Süden.
Die Flurstreifen erreichen die Länge bis zu 2 km. Alle Grundstücke tragen die
Hausnummern ihrer Benutzer, die die ersten Gründer des Dorfes von denen, die
sich ihre Häuser gebaut und den Boden erst später urbargemacht haben, zu unterscheiden
ermöglichen. Nur 28 (die Nummer 1 28) Flurstreifen bilden wahrscheinlich
das älteste Siedlungsbild des Dorfes. Sein Name erscheint in den Quellen erstmals
im Jahre 1357 in der latein-tschechischen Form "de Brenna inferiori"
(von Branna niederere). Erst seit dem Jahre 1542 entsteht als Gegenteil der
tschechischen Benennung Dolní Branná das deutsche Hainrichsdorf
und Hennersdorf (d.h. Dorf des Heinrichs nach dem Lokator oder Gründer,
der beauftragt wurde das Dorf zu gründen). Der bedeutende deutsche Forscher
Ernst Schwarz beschließt, dass neben dem alten Dorf konnte "Heinrichsdorf"
als eine neue Siedlung entstehen.
Über die Größe des Dorfes erfahren wir erst im Jahre 1642 aus dem Urbar der
Herrschaft Stepanitz und Branna, welcher im Dorf "Wes Doleni Branna"
finanzielle (Zinsen) und naturale Pflichten den 27 Bauern verordnet, also wahrscheinlich
den Gründern des Dorfes, die ihre Grundstücke erblich besaßen. Die ein wenig
jüngere Steuerrolle erwähnt zum Jahre 1654 ihre Zahl nur ein bisschen größer
(29), aber auch schon 11 landlose Dorfbewohner, die sog. Gärtner. Im Laufe fast
eines Jahrhunderts sind die Reihen der Dörfler gewachsen und diese Tatsache
hat sich in Siedlungsverhältnissen erwiesen, was der Landmesser J .J. Mann in
seinem Plan ausführlich vermerkt hat. Wir wissen nicht, was den Graf Harrach,
den Besitzer der Herrschaft Branna, zu der Hennersdorf gehörte, veranlasst hat,
die Ausmessung und Ausarbeitung des Planes einem renommierten Landmesser zu
vergeben. Seine Tätigkeit im Riesengebirge kann mit der Vorbereitung des sog.
Theresianischen Katasters zusammenhängen, d.h. mit der Verzeichnung der Gründstücke
und Erträge aller Herrschaften und Gütern in Böhmen. Auf dessen Grunde haben
dann die Herrschaften in die Landeskasse sog. Kontribution der Zins vom
Ertrag der Grundstücke, Handwerken und anderer Einnahmen abgegeben.
Alle Ergebnisse der Messungen hat der Geometer übersichtlich in einer Tabelle,
die nach der Charakter des Bodeneigentum verordnet ist, eingetragen. Nach den
28 erblichen Bauern, folgen die Pächter des herrschaftlichen (des sog. Dominikalbodens),
kirchlichen Bodens und letztens die Benutzer des Gemeindebodens. Der Siedlungsgrundriss,
wie er J. J. Mann festgehalten hat, zeigt, dass sich das Dorf um weitere Häuser
verbreitet hat. Während die Bauergüter der Gründer und Pächter des Herrschaftbodens,
am Anfang der ihnen gehörenden Flurstreifen liegen, blieb für die Häuser der
weiteren Ansiedler meistens nur noch der Platz zwischen ihnen entlang des Baches
auf dem sog. Gemeindeboden, welcher bei der Dorfgründung als gemeinsames Gemeindeeigentum
übrig blieb. Die Gebäude dieser Häusler oder "Chaluppner" umringen
kleine Gartenflächen. Bereits den ganzen Boden, bis auf die Waldbestände, welche
meistens am Ende der Flurstreifen liegen, haben die Bauern schon in Felder und
Wiesen umgewandelt. Eine Ausnahme ist der Kirchenboden, auf dem Plan blau markiert
und eingerahmt. Aber auch den haben schon die zahlreiche Pächter fast von der
Hälfte entwaldet und in kleine Felder geteilt. In Ganzem hat J. J. Mann 451
Parzellen Felder, Wiesen, Gärten und Wälder ausgemessen, hat sie in 252
Eintragungsposten der tabellarischen Übersicht verzeichnet und zu den 115 Namen
der Erbbesitzer, Pächter des herrschaftlichen und kirchlichen Bodens und Häusler
auf dem Gemeindeboden.
Bei seinem großen Maßstab ermöglicht der Plan im Zusammenhang mit den zeitgenössischen
Quellen nicht nur die Weise der Bewirtschaftung der Grundstücke der einzelnen
Bauernwirtschaften, sondern auch ihre Grundrisse der Bauten, ihre Größe, die
Form der Gehöfte mit Wohn- und Wirtschaftgebäuden zu untersuchen. Das genauere
Studium des Planes bietet viele andere Erkenntnisse und die viele Einzelheiten
den Forschern Historikern und Volkskundlern, die sich mit der Wirtschaftsgeschichte
und der Geschichte der materiellen Kultur beschäftigen, sowie auch den Ökologen,
die sich für die Entwicklung der Kulturlandschaft interessieren.
Mag dieser Beitrag wenigstens ein Hinweis auf die eigenartige, wertvolle Aussage
dieser kartographischen Quelle sein (das Original des Planes bewährt das Staatliches
Gebietsarchiv in Zámrsk auf im Bestand der Zentralen Verwaltung der Harrach´schen
Großgüter).